Vergangene Woche hat Schottland als erstes Land weltweit Hygieneartikel für Frauen kostenlos gemacht. In Apotheken, aber auch an Bahnhöfen oder in Jugendclubs gibt es Tampons, Binden oder Menstruationstassen jetzt umsonst.
In Deutschland gilt seit 1. Januar 2020 die neue sogenannte „Tamponsteuer“ – der Mehrwertsteuersatz wurde damit von 19 Prozent auf sieben Prozent gesenkt. Finanzminister Olaf Scholz ließ sich damit mächtig feiern – inklusive fancy hashtags und getaggten Promis.
Damit sind wir hierzulande auch auf dem richtigen Weg. Stimmt?
actually.not
Don’t get me wrong: 19 Prozent Mehrwertsteuer auf Menstruationsartikel wie Tampons oder Binden (weil: Luxusartikel!): war eh völliger Quatsch. Und die Senkung auf sieben Prozent überfällig.
Die Maßnahme geht aber aus mehreren Gründen nicht weit genug:
- Warum nicht dem Beispiel von Schottland folgen? Dass eine Hälfte der Bevölkerung aus biologischen Gründen über ein Leben tausende Euros zusätzlich ausgeben muss, ist nicht richtig. Dass es auch noch die Hälfte der Bevölkerung ist, die in Deutschland laut Statistischem Bundestag immer noch 21 Prozent weniger verdient, ist ein hässliches, ironisches Problem für sich.
- Vor allem aber bringt auch die Steuersenkung nichts. Warum? Blame capitalism, baby. Wie Kolleginnen und Kollegen beim Berliner Tagesspiegel recherchiert haben, wälzen die Hersteller von Menstruationsprodukten die Steuersenkung einfach schamlos ab – auf den Handel. Johnson&Johnson zum Beispiel, Produzent von Marktführer „ob“: verlangt jetzt laut Lebensmittelzeitung einen Preis, der um einen zweistelligen Prozentsatz höher liegt als zuvor. Dass am Ende doch wieder die Käuferin den Aufschlag zahlen wird, liegt nahe.
Die Verteidigung der Hersteller ist übrigens: Preiserhöhung nicht wegen der Steuersenkung, sondern wegen erhöhter Qualität. Of course.