Frisst Corona unsere Solidarität?

Eigentlich will Deutschland Flüchtlingskinder von den griechischen Inseln aufnehmen. 1 000 bis 1 500 sollen aus den Camps rausgeholt werden. So steht es in einem Kabinettsbeschluss.

Aber das war vergangenen Montag. Als man noch in Museen und Bars gehen konnte. Weil noch kein Corona-Ausnahmezustand in Europa herrschte.

Jetzt wäre es Wahnsinn, auch noch Flüchtlinge aufzunehmen, oder?

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Gerade wegen des Virus müssen die Menschen aus den Lagern herausgeholt werden. Auf Lesbos und Co. leben zurzeit mehr als 42 000 Flüchtlinge. Obwohl die Camps dort mal für 6 000 Menschen geplant wurden. 6 000! Nicht 42 000 – zweiundvierzig-fucking-tausend – Menschen auf engstem Raum, ohne ausreichende sanitären Anlagen oder medizinische Versorgung.

Und das, während ein hochansteckendes, potentiell tödliches, Virus grassiert? Ja genau. „Ärzte ohne Grenzen“ schreibt, die Lager seien ein „idealer Nährboden für COVID-19“. Bei einem Ausbruch des Virus in einem Lager sei es unmöglich, die Krankheit einzudämmen.

Vergangene Woche hat sich ein Bündnis aus 140 Städten bereit erklärt, Kinder aus den Lagern aufzunehmen. Kleines Rechenspiel: Würde man – wie beschlossen – 1 500 auf diese Städte verteilen: Das wären rund zehn Menschen für jede Stadt. 10! Nur spricht davon keiner mehr.

Weil in Europa Grenzen dicht machen und Ausgangssperren verhängt werden. Weil wir anscheinend all unsere Solidarität schon brauchen, um andere nicht anzuhusten und für Oma einkaufen zu gehen.

Nur: die Situation in Griechenland ist deswegen nicht verschwunden. Und sie kann noch so viel schlimmer werden.

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